von Gundi Klemm – AZ – 19.5.2017
Obwohl jetzige Rentenbezüger von Änderungen ihrer Bezüge nicht betroffen sind, aber auch keine Zuwendungen durch die Vorsorge-Reform erhalten, interessierten sich die Grauen Panther für deren Auswirkungen.
Zu gut erinnerten sich die Grauen Panther an das lange Tauziehen um die Altersvorsorge-Reform in beiden Kammern des Parlaments, bis – krimireif – am 17. März dieses Jahres mit 101:100 Stimmen ein äusserst knapper Konsens für die Urnenabstimmung am 24. 9. errungen wurde.
Zu Referaten über Pro und Kontra Reform Altersvorsorge 2020 hatte die Vereinigung die beiden Nationalräte Bea Heim und Walter Wobmann eingeladen. Moderiert wurde das Gespräch mit Fragen aus der Zuhörerschaft durch die ehemalige Nationalrätin Miguel Marguerite Misteli, die den Verfassungsauftrag eines «Altern in Würde» in der Stossrichtung der Reform unterstrich. Dieser Anspruch sei jetzt für etliche Betagte nicht erfüllt.
Einkaufstasche für 30 Rappen
Bea Heim, die in vorberatenden parlamentarischen Kommissionen intensiv das gesamte Alterssicherungssystem bearbeitet hatte, gab einen Überblick über die dreistufige Alterssicherung und deren angestrebte Verbesserungen. Die erste Säule AHV (eingeführt 1948) nebst IV – solidarisch von allen finanziert – dient der Existenzsicherung, die 2. Säule umfasst die seit 1985 obligatorische berufliche Vorsorge, in der jeder Erwerbstätige mit einem Einkommen zwischen 20’000 bis 85’000 Franken mit Arbeitgeberbeiträgen allein spart.
Höhere Gehälter fallen ins sogenannte Überobligatorium. Die 3. Säule bildet die private Vorsorge als Teil der Versicherungswirtschaft. «Die Altersvorsorge soll wieder zu einem ausgewogenen Paket werden, weil die AHV hinter der Entwicklung der Lebenshaltungskosten herhinkt und nur bei einem Ja der Bevölkerung die sich abzeichnende Finanzierungslücke bis 2030 schliessen kann», unterstrich Heim.
Die von Wobmann später ins Feld geführten Defizite von jetzt bereits 1 Mrd. Franken im AHV-Fonds widerlegte Heim mit den ausgeglichenen Rechnungsresultaten der beiden letzten Jahre. Sie erläuterte die für die Zukunft in zähen Verhandlungen getroffenen Massnahmen wie die ab 2021 wirksame Anhebung der Mehrwertsteuer um 0.3 Prozent. «Bei einem Einkauf für 100 Franken entspricht dies der Papier-Einkaufstasche für 30 Rappen», verdeutlichte Heim diesen Betrag. Durch zinsbedingte Senkung des Umwandlungssatzes in der 2. Säule von 6,8 auf 6 Prozent drohen auch hier 12-prozentige Einkommensverluste.
Die nun sollen durch die mittels Lohnbeiträgen finanzierte Zahlung von monatlich 70 Franken an die künftigen AHV-Neurentner, befristet für die Gruppe der jetzt 45- bis 65-Jährigen, ausgeglichen werden. Ab 2021 soll das Rentenalter für Frauen auf 65 Jahre angehoben werden. «Dies ist aber nur zu akzeptieren, wenn auch endlich Frauen- und Männerarbeit gleich honoriert wird», meinte dazu eine Graue Pantherin.
Nicht begeistert
Die Nationalrätin ging auf die in der Reform enthaltenen Planungen wie Flexibilisierung von Altersrücktritt und gleitender Pensionierung wie auch der Rentenansprüche bei Stellenverlust im Alter ein. Nicht begeistert zeigte sie sich vom Verhandlungskonzept der «Bürgerlichen», die eine Schwächung der AHV zugunsten des durch privates Sparen begünstigten Versicherungsprofits anstrebten.
Unzufriedene Panther
Walter Wobmann bestätigte ebenso die Bedeutung der Altersvorsorge als wichtiges Sozialwerk. Zu deren Sicherung legte er aus Sicht der Gegner den Finger auf falsche Punkte. «Ich bin gegen die Erhöhung der AHV um 70 Franken, die zusätzlich die 1. Säule mit 1.3 Mrd. Franken belastet. Und die Mehrwertsteuererhöhung lehne ich ebenfalls ab, weil damit die Arbeitskosten hierzulande steigen.» Grundsätzlich sei das Problem damit nicht gelöst, befand er, denn das gesamte Paket, das dann die nächste Generation tragen müsse, koste 4.8 Mrd. Franken, die aus seiner Sicht nicht finanzierbar seien.
Zu verschiedensten Punkten äusserte sich das Graue-Panther-Plenum zustimmend oder ablehnend. Mit der Renten-Reform allein sei es keineswegs getan, meinte ein Anwesender. Dringend gebremst werden, weil für Senioren mit schmalem Einkommen nicht mehr bezahlbar, müssten die Krankenkassenprämien und die Mieten insbesondere nach «Teuer-Renovierungen» der Wohnungen.