von Gundi Klemm – Solothurner Zeitung 10.1.2013
Das zu Beginn des Jahres in Kraft getretene Erwachsenenschutzrecht bewegt die Gemüter. Um Klarheit über alle Neuerungen zu schaffen, informierten die beiden Fachpersonen Barbara Hamm-Schulte und Remo Waldner.
Wie wichtig diese Orientierungsveranstaltung über die veränderte Gesetzeslage war, belegte der Zustrom von über 80 Personen zum Informationsanlass der Grauen Panther Solothurn. Wo früher überwiegend von Laien besetzte Vormundschaftskommissionen tätig wurden, wenn ältere Menschen ihr Leben nicht mehr selbstständig führen konnten und etwa eines Vormundes bedurften, sind jetzt seit Jahresbeginn neue Regelungen im Zivilgesetzbuch in Kraft, die vor allem das Selbstbestimmungsrecht stärken sollen.
Sich beraten lassen
Remo Waldner, Sozialarbeiter bei Pro Senectute, erläuterte Schritt für Schritt, wie Anordnungen für eine Zeit ohne klares Bewusstsein zu treffen sind. Er legte den interessiert Zuhörenden ans Herz, in der nun in ihrer Gültigkeit gesetzlich verankerten Patientenverfügung festzuhalten, wie die medizinische Behandlung aussehen soll, sofern man als Patient durch Alter, Krankheit oder Unfall nicht mehr urteilsfähig ist oder seinen Willen nicht äussern kann. Denn darauf stütze sich der ärztliche Behandlungsplan. Zukünftig, so hoffte Waldner, könne auch ein Vermerk dazu auf der Krankenkassenkarte erfolgen.
Ebenso empfahl Waldner Formulierungen, die alle erwünschten Rahmenbedingungen betreffend den letzten Willen für den eigenen Todesfall beinhalten. Hier riet er, ebenso wie beim Abfassen des Testaments sich Zeit zu nehmen und möglicherweise auch Beratung, die Organisationen wie Pro Senectute kostenlos anbieten, zu beanspruchen. «Für alles, was geklärt ist, sind Angehörige dankbar.»
Übersichtlich gegliedert bietet Pro Senectute eine Gesamtlösung für diese Bestimmungen in Form eines Docupasses an. Hier enthalten sind für den Fall der eigenen Urteilsunfähigkeit auch der Vorsorgeauftrag, der Vertretungspersonen und Vollmachten für die verschiedenen Bereiche wie Personenfürsorge, Vermögen und Rechtsverkehr beinhaltet.
Rechtssicherheit für alle Beteiligten
Die Juristin Barbara Hamm-Schulte, Präsidentin der neu geschaffenen Kinder- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) Region Solothurn, erläuterte die gesetzlichen Grundlagen, Instrumente, behördliche Massnahmen, die aus der Novellierung des inzwischen hundertjährigen Rechts erwachsen. Der zentrale Punkt für ein Tätigwerden der Behörde ist der Verlust der Urteilsfähigkeit einer Person, womit vernunftgemässe Handlungen ausgeschlossen sind. Hamm-Schulte konzentrierte sich angesichts ihres betagten Publikums auf die Folgen von Schwächezuständen, Schutzbedürftigkeit und einige für den individuellen Fall massgeschneiderte Massnahmen bei älteren Menschen. Wenn ein bereits erteilter Vorsorgeauftrag vorliegt, muss die Behörde nicht tätig werden.
Liegt aber ein persönlicher Antrag auf Unterstützung oder eine Gefährdungsmeldung vor, schaltet die KESB Mitarbeitende der zuständigen Sozialregion ein. Deren Bericht wird beurteilt unter Einbezug des wichtigen rechtlichen Gehörs des oder der Betroffenen. Der Entscheid über die Hilfe – ob Ernennung eines Beistands oder Aufnahme in eine Institution – wird wieder durch die Sozialregion veranlasst. Diese Massnahmen erfolgen nur dann, wenn keine geeignete Person im Umfeld des urteilsunfähig gewordenen Menschen benannt ist.
Früher wars noch kostenlos
Die Kontrolle von Entscheiden der KESB, die laut Referentin als Fachbehörde im Mehraugenprinzip sorgfältig arbeitet, liegt als Aufsichtsinstanz im Amt für Soziale Sicherheit. Für Beschwerden ist das Verwaltungsgericht zuständig. Von zuhörenden Grauen Panthern wurde kritisiert, dass dieses Rechtsmittel neuerdings kostenpflichtig ist. Früher behandelten die Oberämter laut anwesenden ehemaligen Mandatsträgern derartige Eingaben. Zudem hoffe man, dass die neue Behörde im Notfall alle betreuerischen Massnahmen schneller in Gang setze als zu Zeiten der bisherigen Vormundschaftsbehörden.
Dafür verfügt die KESB über einen Pikettdienst, der ausserhalb der Öffnungszeiten via Polizei-Alarmzentrale oder sonst direkt über Telefon 032 627 75 90 erreichbar ist.